Das Performance-Kollektiv «Les Reines Prochaines & Friends» erhält den Basler Kulturpreis, der Kulturförderpreis geht an den Verein Sondershop

Der Regierungsrat ehrt «Les Reines Prochaines & Friends» mit dem Basler Kulturpreis für ihr über 35-jähriges Gesamtkunstwerk und ihr Engagement für die Schweizer Performanceszene. Mit dem Kulturförderpreis, der ergänzend zum etablierten Kulturpreis ein kulturpolitisches Signal für junge kulturelle Initiativen setzt, zeichnet die Abteilung Kultur Basel-Stadt den Verein «Sondershop» unter Leitung von Sebastian Day und Tabea Wappler aus.

Zum 50. Mal in Folge wird der mit 20'000 Franken dotierte Kulturpreis vergeben. Geehrt wird die langjährige und medienübergreifende Tätigkeit des Performance-Kollektivs «Les Reines Prochaines & Friends». Am 31. Oktober wird ihm Regierungspräsident Beat Jans den Kulturpreis überreichen. Am gleichen Anlass verleiht die Abteilung Kultur den Kulturförderpreis. Die Preisverleihung für beide Anlässe findet im Rathaus statt.

Genderrollen ausloten
Die Basler Autorinnen-Band «Les Reines Prochaines», aktuell besetzt mit Muda Mathis, Sus Zwick und Fränzi Madörin, hat eine lange internationale Karriere hinter sich. Inmitten der Jugend- und Frauenbewegung der 1980er gegründet, will sie mit ihren Programmkonzepten traditionelle Kunst- und Geschlechtergrenzen hinterfragen. Sie setzt sich mit feministischen Themen, Genderrollen, Queer-Kultur und mit Sozial- und Machtfragen auseinander. Seit ihrer Gründung 1987 schafft sie es immer wieder, Performance, bildende Kunst und Musik miteinander zu verschmelzen. Sie kollaboriert oft mit anderen Kunst- und Musikschaffenden und mit Filmemacherinnen. «Les Reines Prochaines» wurden bereits 2019 für ihr Werk mit dem renommierten Schweizer Musikpreis des Bundesamtes für Kultur ausgezeichnet. 

Fluides Kollektiv
Nach der Gründung durch Muda Mathis, Teresa Alonso und Regina Florida Schmid hat das Kollektiv mehrere Wechsel erfahren. So gehörte früher die Künstlerin Pipilotti Rist ebenfalls dazu. Seit einigen Jahren tritt es auch als erweitertes Kollektiv unter dem Label «Les Reines Prochaines & «Friends» auf. Dieses besteht aus Chris Regn und Marcel Schwald sowie David Kerman, Sibylle Aeberli, Sibylle Hauert, Dorothea Schürch, Michèle Fuchs, Chris Hunter, Lukas Acton und in der letzten Produktion auch aus Christina Volk, Pio Schürmann und Christoph Gantert. In den letzten fünf Jahren hat das erweiterte Kollektiv zwei grosse Musiktheater-Produktionen kreiert: «Let’s sing Arbeiterin» 2018 und «Alte Tiere Hochgestapelt» 2021. In diesen wurde dem Phänomen des Kollektivs an sich nachgegangen. «Die Konsequenz und Schaffenskraft, mit welcher dabei genre-übergreifende Werke von grosser Qualität, kollektive Arbeitsweisen und Lebensformen in der Kulturproduktion umgesetzt werden, ist einzigartig», begründet die Jury ihren Entscheid und schreibt weiter: «Mit dem aktiven Einbezug von jüngeren Kunstschaffenden in die aktuellen Projekte hat das Kollektiv Vorbildcharakter für nachfolgende Basler Künstlerinnen- und Künstler-Generationen.»

Wegbereiterinnen
Neben ihrer künstlerischen Tätigkeit engagieren sich Muda Mathis, Sus Zwick und Fränzi Madörin in der Basler Kulturlandschaft. Sie sind Mitbegründerinnen der Atelier- und Produktionsgemeinschaft VIA AudioVideoKunst, ein Ort des Austausches verschiedenster Initiativen und Projekte. Muda Mathis lehrte an der HGK Basel und ist eine der Gründerinnen der Performance Chronik Basel, welche kürzlich im Museum Tinguely das Projekt «BANG BANG translokale Performancegeschichten», eine Sammlung des Performanceschaffens, präsentierte.


Alternative Plattform bieten
Gleichzeitig zum traditionsreichen Kulturpreis vergibt die Abteilung Kultur seit 2012 den mit 10‘000 Franken dotierten Kulturförderpreis. Er setzt ein öffentlich sichtbares, kulturpolitisches Zeichen für junge kulturelle Initiativen. Dieses Jahr geht der Preis an das Projekt «Sondershop» unter der Leitung von Sebastian Day und Tabea Wappler. Weitere Mitglieder des Kollektivs sind Johanna Helfer, Thy Truong, Aline Heuser, Praw Brander, Maximilian Preisig, Luccas Cruz, Merusan Rasiah und Luisa Locher. 2019 vom Künstler Sebastian Day initiiert, hat sich das Projekt rasch zu einer wichtigen Plattform für junge Modeschaffende aus der Region entwickelt. Jungen Designerinnen und Designern wurde etwa kostenlos Ladenfläche zur Präsentation ihrer Kollektionen bereitgestellt. Zudem konnte sich an eigens organisierten Märkten auch das Publikum aktiv durch künstlerische Interventionen mit Mode auseinandersetzen. Sondershop fungiert aus Sicht der Jury als wichtiger Katalysator nicht nur in der jungen Modeszene, sondern auch für das Zusammenbringen von Sparten wie der Kunst und Musik und nimmt – gerade in einem nachhaltigen Umgang mit Mode – eine Vorreiterrolle ein. Das Kollektiv fördert Zusammenarbeit und Austausch statt Wettbewerb, und hilft somit jungen Modeschaffenden, in der Modewelt Fuss zu fassen.

Unabhängige Jurys
Die Kommission für die Verleihung des Kulturpreises 2022 setzte sich aus den folgenden Personen zusammen: Mathias Balzer, Journalist, Co-Gründer und Co-Redaktor des Online-Kulturmagazins «Frida»; Brigitte Häring, Fachredaktorin Film, Radio SRF 2 Kultur; Steffi Klär, Kulturschaffende und Event-Managerin im Bereich Pop-/Rockmusik, Musikerin, Sängerin, Mitarbeiterin Kulturbüro Riehen; Iris Müller, Inhaberin Buchhandlung Müller Palermo Buch & Papier in Basel; Silvan Moosmüller, Musik- und Literaturwissenschaftler, Freier Mitarbeiter SRF 2 Kultur, Basel; Jiri Oplatek, Grafiker bei Claudiabasel und Dozent an der HGK Basel, Institut Digitale Kommunikations-Umgebungen (BA und MA); Hannah Weinberger, Künstlerin und Dozentin am Institut für Art Gender Nature an der HGK Basel; Werner Hanak, stellvertretender Leiter Abteilung Kultur (Vorsitz); Jeannette Voirol, Leiterin Kulturinstitutionen Abteilung Kultur.

In der von der Abteilung Kultur einberufenen Jury für den Kulturförderpreis 2022 haben Einsitz: Dominick Boyle, Fachmitarbeiter Projektförderung für Musik und Jugendkultur Abteilung Kultur (Vorsitz); Laura Chihaia, Pianistin und Gründerin des Post Genre Festivals PROJECT AGORA; Lena Käsermann, Schriftstellerin und Co-Leiterin des Vereins Wortstellwerk - Junges Schreibhaus Basel; Anita Maïmouna Neuhaus, Tänzerin und Mitglied des Kollektives Amifusion; Jelïn Nichele, freischaffende Filmmacher; Catherin Schöberl, Kunstvermittlerin und Künstlerin, Fachgruppenmitglied bei der Jugendkulturförderstelle GGG Kulturkick und Mitarbeiterin beim DOCK Kunstraum, Archiv und Ausleihe.

Hinweise:

www.kultur.bs.ch

nach oben